Ein Wochenrückblick des Science Media Center über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Das Genom des Brotweizens ist entschlüsselt (Science)

Ein internationales Team von mehr als 200 Wissenschaftler*innen aus 20 Ländern hat 13 Jahre lang daran gearbeitet: Nun ist das komplexe Genom des Brotweizens fast vollständig entziffert. Im Ergebnis gibt es nun ein sogenanntes Referenzgenom der Weizensorte Chinese Spring, das ähnlich einer Landkarte für 107 891 Gene zeigt, wo genau sie liegen. Die Wissenschaftler*innen erwarten dadurch eine deutlich schnellere Entwicklung neuer besserer Weizensorten. Verbesserungen könnten etwa die Erträge des Brotweizens erhöhen, der weltweit eine wichtige Nahrungsquelle ist. Auch für Allergiker*innen könnte er verträglicher werden. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler*innen am 16.08.2018 im Fachblatt Science veröffentlicht. Parallel dazu sind außerdem Studien veröffentlicht worden, die mit Hilfe des vorveröffentlichten Referenzgenoms weitere Erkenntnisse ergeben haben. So sind in einer am 16.08.2018 im Fachmagazin Science Advances veröffentlichten Studie Gene des Brotweizens analysiert worden, die für Weizenunverträglichkeit verantwortlich sein könnten. Zeitgleich ist im Fachblatt Science eine Studie erschienen, die die Genexpression homologer Gene, also von Genen gleichen Ursprungs, in verschiedenen Bestandteilen und Entwicklungsstufen der Weizenpflanze, untersucht. Hierfür ist ebenfalls das vorveröffentlichte Referenzgenom genutzt worden.

Mindestens sieben deutschsprachige Medien haben unabhängig voneinander über die Studie berichtet. Auch eine dpa-Meldung zur Studie ist oft übernommen worden. Darin ist ein unbeteiligter Experte des Julius Kühn-Instituts zitiert worden, der die Veröffentlichung des Referenzgenoms als Meilenstein bezeichnet. In allen Artikeln ist die Studie als wichtiger Beitrag zu Forschung an neuen und besseren Weizensorten gewertet worden. In der Süddeutschen Zeitung ist besonders darauf eingegangen worden, dass neue Züchtungen notwendig seien, um die Ernährungssicherheit im Zuge des Klimawandels zu gewährleisten. Bei SRF.ch haben mögliche neue Züchtungen, die den Düngeaufwand reduzieren könnten, im Vordergrund gestanden. Dagegen hat der Tagesspiegel darauf hingewiesen, dass die analysierte Weizensorte Chinese Spring eher in der Forschung als in der Züchtung eine Rolle spiele – für die Züchtung relevante Sorten würden nun als nächstes von den Wissenschaftlern untersucht.

Steckbrief

Journal: Science (Hauptstudie), Science, Science Advances

Pressemitteilungen: Ja (von der Fachzeitschrift, vom International Wheat Genome Sequencing Consortium (Konsortium aller beteiligten Wissenschaftler*innen und unterstützenden Organisationen), vom Earlham Institute (beteiligte Forschungseinrichtung), vom John Innes Centre (beteiligte Forschungseinrichtung), von der Kansas State University (beteiligte Forschungseinrichtung), von der Universität Maryland (beteiligte Forschungseinrichtung), von der Montana State University (beteiligte Forschungseinrichtung), von Rohamsted Research (beteiligte Forschungseinrichtung))

Aufgegriffen von:

  • dpa (16.08.2018): science.ORF.at (16.08.2018), Welt Online (16.08.2018), Zeit Online (16.08.2018), Bonner General-Anzeiger (17.08.2018), Frankfurter Allgemeine Zeitung Online (17.08.2018), Spiegel Online (17.08.2018), Welt (17.08.2018), Kölner Stadt-Anzeiger (20.08.2018), Frankfurter Rundschau (20.08.2018)
  • Standard Online (16.08.2018), Standard (17.08.2018)
  • Süddeutsche Zeitung Online (16.08.2018)
  • Tagesspiegel Online (16.08.2018)
  • Deutschlandfunk Forschung Aktuell (17.08.2018)
  • scinexx.de (17.08.2018)
  • SRF.ch (18.08.2018)

 

Ersatz für Neonicotinoide schadet Hummeln (Nature)

Das Schädlingsbekämpfungsmittel Sulfoxaflor hat in Versuchen die Reproduktionsfähigkeit von Hummeln drastisch reduziert. Da es als Ersatzmittel für die in der EU kürzlich stark eingeschränkten Neonicotinoide gilt, fordern die Forscher*innen, die Effekte aller Pestizide vor ihrer Zulassung besser zu erforschen. Ihre Studie haben die Wissenschaftler*innen des Royal Holloway College der Universität London am 15.08.2018 im Fachmagazin Nature veröffentlicht. Sie hatten dafür 25 Hummelkolonien für zwei Wochen über die Nahrung den Mengen an Sulfoxaflor ausgesetzt, mit denen diese auch bei landwirtschaftlicher Nutzung des Mittels in Kontakt kommen könnten. Diese hatten dann – verglichen mit Sulfoxaflor-freien Hummeln – 54 Prozent weniger Nachwuchs. Damit ist das Mittel aus Sicht der Forscher*innen ähnlich schädlich wie Neonicotinoide. Die genauen Wirkmechanismen des Sulfoxaflors haben die Wissenschaftler*innen noch nicht bestimmen können.

Mindestens fünf deutschsprachige Medien haben unabhängig voneinander über die Studie berichtet. In der dpa-Meldung ist dabei als unabhängige Expertin eine Referentin des Umweltschutz-Vereins Umweltinstitut München e.V. zitiert worden. Besonders ausführlich ist die Berichterstattung beim WDR ausgefallen, wo diskutiert worden ist, wie mit den neuen Befunden umzugehen sei und welche Alternativen sich Landwirt*innen böten.

Steckbrief

Journal: Nature

Pressemitteilungen: Nein

Aufgegriffen von:

dpa (15.08.2018): Hamburger Abendblatt (15.08.2018), Zeit Online (15.08.2018), Stuttgarter Zeitung (16.08.2018), taz.de (16.08.2018)

Deutschlandfunk (16.08.2018)

Tagesspiegel (16.08.2018)

WDR.de (16.08.2018)

Neue Zürcher Zeitung (22.08.2018)

 

Protokoll: Hendrik Boldt

 

*  Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.