Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Rhesusaffen mit menschlichem Gen zur Gehirnentwicklung (National Science Review)

Das Gen MCPH1, welches wichtig für die Entwicklung des Gehirns beim Menschen ist, ist von Wissenschaftler*innen bei 11 Rhesusaffen eingepflanzt worden. Diese Affen wiesen daraufhin eine langsamere Gehirnentwicklung auf. Auch haben sie in Tests für das Kurzzeitgedächtnis und die Reaktionszeit besser abgeschnitten als ihre unveränderten Artgenossen. Zudem war bei ihnen die Genexpression in neuronalen Stammzellen verändert. Die Forscher*innen des Kunming-Instituts für Zoologie und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften haben ihre Ergebnisse am 27.03.2019 in der chinesischen Fachzeitschrift National Science Review veröffentlicht. Als nächstes wollen sie ähnlich vorgehen, um die Bedeutung weitere menschlicher Gene für Intelligenz zu erforschen.

Mindestens zehn Mal haben deutschsprachige Medien unabhängig voneinander über die Studie berichtet. Fokussiert haben sich die meisten Artikel auf die Frage der ethischen Zulässigkeit der Versuche: Dürfen Affen menschliche Gene eingepflanzt werden, insbesondere jene, die mit der Gehirnentwicklung zusammenhängen? Zu dieser Frage sind zahlreiche an der Studie unbeteiligte Expert*innen zitiert worden. So ist in der AFP-Meldung, der APA-Meldung, bei heise online und in der Wiener Zeitung der Standpunkt einer Bioethikerin der University of Colorado wiedergegeben worden, die die Versuche verurteilte. Ein weiterer Experte der University of Colorado ist bei heise online, vom Redaktionsnetzwerk Deutschland und der Wiener Zeitung ebenfalls kritisch zitiert worden. Letztere Zeitung hat zudem einen Experten der Ludwig-Maximilians-Universität München zur Studie befragt, der die Versuche ebenfalls vehement ablehnte. Ein unbeteiligter Experte des Trinity College Dublin bezweifelte laut der Wiener Zeitung zudem den wissenschaftlichen Sinn des Experiments und bezeichnete es als naiv. Einzig ein Experte der Universität Hongkong, der von der AFP und APA zitiert worden ist, verteidigte die Versuche. Aus seiner Sicht waren die Eingriffe in die Gehirnentwicklung der Affen zu geringfügig, um ethisch problematisch zu sein.

Steckbrief

Journal: National Science Review

Pressemitteilungen: Nein

Aufgegriffen von:

  • AFP (11.04.2019): Neue Zürcher Zeitung (11.04.2019), science.ORF.at (11.04.2019), aerzteblatt.de (12.04.2019), Spiegel Online (15.04.2019)
  • APA (11.04.2019): Standard (11.04.2019)
  • heise online (12.04.2019)
  • Redaktionsnetzwerk Deutschland (12.04.2019): Märkische Allgemeine (12.04.2019)
  • Spektrum.de (15.04.2019)
  • Business Insider Deutschland (16.04.2019)
  • Wiener Zeitung (17.04.2019)
  • heise online (23.04.2019)
  • heise online (23.04.2019)
  • Stern online (25.04.2019)

Zucker macht müde und verbessert die Stimmung nicht (Neuroscience & Biobehavioral Reviews)

Unabhängig davon, wie viel Zucker man zu sich nimmt und wie lange man nach der Einnahme wartet: Die Gefühlslage wird dadurch nicht besser, als mit einem Placebo. Stattdessen werden Menschen innerhalb der ersten Stunde nach dem Verzehr sogar statistisch signifikant müder und weniger aufmerksam. Dies ist das Ergebnis einer Metastudie, die am 03.04.2019 in der Fachzeitschrift Neuroscience & Biobehavioral Reviews von Wissenschaftler*innen unter Leitung der Humboldt-Universität zu Berlin publiziert worden ist. Für ihre Analyse haben sie die Daten aus 31 unterschiedlichen Studien, an denen insgesamt 1259 Proband*innen teilgenommen hatten, ausgewertet. Den Forscher*innen zu Folge sei es ein weit verbreiteter Mythos, dass Zucker die Laune hebe. Diesen hätten sie nun widerlegt. In Zukunft wollen sie klären, ob Zucker im Zusammenspiel mit anderen Substanzen positive Effekte auf die Stimmung haben kann.

Die Studie ist auf ein breites Medienecho gestoßen und mindestens elf Mal unabhängig voneinander in deutschsprachigen Medien teils ausführlich berichtet worden. So ist bei Spiegel+ der Hauptautor der Studie interviewt worden. Und in der Welt am Sonntag sind weitere Studien zum Thema beschrieben und zwei unbeteiligte Expert*innen des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke sowie des Mannheimer Zentralinstituts für Seelische Gesundheit zitiert worden.

Steckbrief

Journal: Neuroscience & Biobehavioral Reviews

Pressemitteilungen: Ja (vom Forschungsinstitut)

 

Aufgegriffen von:

  • Deutschlandfunk Forschung Aktuell (08.04.2019)
  • Deutschlandfunk Nova (08.04.2019)
  • scinexx.de (08.04.2019)
  • Nordbayern.de (09.04.2019)
  • ntv.de (09.04.2019)
  • Welt Online (10.04.2019)
  • Spiegel + (12.04.2019)
  • Süddeutsche Zeitung Online (13.04.2019)
  • MDR.de (14.04.2019)
  • Welt am Sonntag (14.04.2019)
  • Focus Online (16.04.2019)

 

 

*Protokoll: Hendrik Boldt

 

*Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.