Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Eine kurze Vorbemerkung: Das Newsreel hat zuletzt eine Woche pausiert – weil vom 18.02.2019 bis 24.02.2019 über keine Wissenschaftspublikation so oft berichtet wurde, dass es unsere Kriterien für das Newsreel erfüllt hätte. Mehr dazu, wann wir einen Fachartikel und die entsprechende mediale Berichterstattung hier besprechen, finden Sie in der Fußnote unten.

Verdreifachung der CO2-Werte könnte Wolkendecke verringern und die Atmosphäre um acht Grad erhitzen (Nature Geoscience)

Tiefhängende Stratokumuluswolken über den subtropischen Ozeanen könnten sich ab CO2-Werten von 1200 ppm auflösen. Dadurch würde deutlich weniger kurzwellige Sonnenstrahlung reflektiert und die Atmosphäre rasch um zusätzliche acht Grad Celsius erhitzt werden. Dies ist aus Simulationen deutlich geworden, die zunächst lokal die Effekte höherer CO2-Gehalte auf die Wolkenbildung über dem Ozean berechnet hatten. Im zweiten Schritt sind die globalen Klima-Effekte des so diagnostizierten Wolkenrückganges diagnostiziert worden. Zwei Gründe führen dabei zum Auflösen der Wolken. Einerseits kommt es durch mehr Treibhausgase dazu, dass sich die oberste Schicht der Wolken weniger stark abkühlt. Dies unterbricht den Konvektions-Kreislauf, bei dem kalte Luft absinkt und warme feuchte Luft aufsteigt, da die Luft von oben nicht mehr absinkt. Zweitens steigt durch die Erhitzung der Meere mehr warme Luft auf, was in der Wolke Turbulenzen erzeugt, die sie destabilisieren. Durchgeführt worden sind die Simulationen von Wissenschaftler*innen des US-amerikanischen California Institute of Technology. Ihre Resultate haben sie am 25.02.2019 im Fachblatt Nature Geoscience publiziert. Ein Nachteil ihrer lokalen Simulation ist aus Sicht der Forscher*innen, dass sie damit Makro-Effekte auf die Wolkenbildung nicht haben modellieren können. Diese könnten dem Wolkenschwund tendenziell entgegenwirken. So könnten die Kipppunkte der Stratokumuluswolken auch erst bei deutlichen höheren CO2-Leveln erreicht werden. Da CO2-Werte von 1200 ppm ungefähr dem dreifachen der heutigen Konzentration entsprechen, halten es die Wissenschaftler*innen für unwahrscheinlich, dass die Menschheit diese Werte erreichen wird.

Mindestens fünf Mal ist von deutschsprachigen Medien unabhängig voneinander über die Studie berichtet worden. Dabei ist bei Spektrum.de ein unbeteiligter Experte des Massachusetts Institute of Technology zitiert worden, der darauf hinweist, dass eine CO2-Konzentration von 1200 ppm ohnehin schon erhebliche Konsequenzen hätte. Daher könnte ein vorheriger Zusammenbruch der Wirtschaft eventuell schon vor Erreichen dieser Marke den CO2-Ausstoß begrenzen. Und die Süddeutsche Zeitung hat einen unbeteiligten Experten des Max-Planck-Instituts für Meteorologie zur Studie interviewt. Er hält die Ergebnisse der Studie für stellenweise übertrieben und größtenteils nicht neu.

Steckbrief

Journal: Nature Geoscience

Pressemitteilungen: Ja (vom Forschungsinstitut)

Aufgegriffen von:

  • heise online (26.02.2019)
  • scinexx.de (26.02.2019)
  • Die Presse (27.02.2019)
  • Spektrum.de (27.02.2019)
  • Süddeutsche Zeitung Online (27.02.2019)

 

*Protokoll: Hendrik Boldt

 

1Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.