Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Eine kurze Vorbemerkung: Das Newsreel hat Mitte Dezember eine Woche pausiert – weil in der Woche vom 10.12. bis 16.12.2018 über keine Wissenschaftspublikation so oft berichtet wurde, dass es unsere Kriterien für das Newsreel erfüllt hätte. Mehr dazu, wann wir einen Fachartikel und die entsprechende mediale Berichterstattung hier besprechen, finden Sie in der Fußnote unten.

Schlafmangel erhöht nicht via Hormonspiegel, sondern via Hirnaktivität die Lust auf fettiges Essen (Journal of Neuroscience)

Mit Verhaltenstests, Blutuntersuchungen und Magnetresonanztomografie (MRT) sollte die Frage beantwortet werden, warum Menschen nach zu kurzen Nächten Heißhunger verspüren. Die Antwort: Eine erhöhte Gehirnaktivität in Hypothalamus und Amygdala ist verantwortlich, nicht jedoch ein veränderter Hormonhaushalt. Bisher war diese Frage umstritten gewesen. Das Forschungsresultat ist von Wissenschaftler*innen der Universität Köln am 17.12.2018 im Fachblatt Journal of Neuroscience veröffentlicht worden. 32 männliche Probanden waren in den Experimenten untersucht worden. An zwei nicht direkt aufeinander folgenden Tagen hatte je die eine Hälfte nur kurz schlafen dürfen, die andere Hälfte schlief als Kontrollgruppe länger. Am nächsten Morgen ist anhand der Zahlungsbereitschaft der Probanden geklärt worden, wie sehr sie die Nahrungsmittel im Vergleich zu anderen Produkten wollten. Das Abendessen war für sie alle gleich lange her. Zeitgleich ist mittels MRT die Aktivität verschiedener Hirnregionen und  das Vorkommen von bestimmten Hormonen durch Bluttests bestimmt worden. Die Kurzschläfer haben eine höhere Zahlungsbereitschaft gehabt, die sich nicht durch veränderte Hormonwerte erklären lassen. Stattdessen hat der MRT Hinweise darauf geliefert, dass das Belohnungssystem des Gehirns stärker als sonst aktiv gewesen ist. Dies hat ihrer Meinung nach die Verhaltensänderung hervorgerufen.

Mindestens fünf Mal ist in deutschsprachigen Medien in unterschiedlichen Berichten über die Studie geschrieben worden. Dabei ist kein einziger unbeteiligter Experte zitiert worden. Bei der Zeit ist darauf hingewiesen worden, dass es Untersuchungen mit mehr Teilnehmenden geben müsse, um die Studienergebnisse verallgemeinern zu können. Spiegel Online und die Welt haben angemerkt, dass trotz der neuen Erkenntnisse noch längst nicht alles über den Zusammenhang zwischen Schlaf und Übergewicht sowie zum genauen Grund für die Veränderungen im Gehirn bekannt sei.

Steckbrief

Journal: Science

Pressemitteilungen: Ja (vom Fachjournal)

Aufgegriffen von:

  • dpa (18.12.2018), identisch APA (18.12.2018): Ärztezeitung Online (18.12.2018), Berliner Zeitung (18.12.2018), Neue Zürcher Zeitung (18.12.2018), Standard (18.12.2018), Stuttgarter Nachrichten (18.12.2018), SüdwestPresse (18.12.2018) Tagesspiegel (18.12.2018)
  • Spiegel Online (17.12.2018)
  • Zeit Online (17.12.2018)
  • MDR.de (18.12.2018)
  • Die Welt (18.12.2018)

 

*Protokoll: Hendrik Boldt

 

*Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.