Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Bestand in weltweit größter Königspinguin-Kolonie bricht ein (Antarctic Science)

Von 500.000 auf 60.000 Brutpaare ist der Bestand der einst weltgrößten Königspinguin-Kolonie auf der Île aux Cochons (Schweine-Insel) im südlichen Indischen Ozean seit den 1980er Jahren geschrumpft. Dies belegen Satelliten- und Helikopteraufnahmen, auf deren Basis Wissenschaftler der französischen Université de la Rochelle den Bestand geschätzt haben. Wie sie in ihrem am 25.07.2018 im Fachblatt Antarctic Science veröffentlichten Artikel schreiben, sind jedoch andere Königspinguin-Kolonien nicht von dem Rückgang betroffen und manche haben sich sogar vergrößert. Daher vermuten sie, dass viele Gründe für den Rückgang speziell mit der Situation auf der Ile aux Cochons zu tun haben. So könnten eingeschleppte Katzen und Mäuse dem Bestand zusetzen, wie man es auch von anderen Inseln kennt. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass ein Teil der Kolonie auf einen anderen Ort umgezogen sein könnte. Auch eine Krankheit scheint möglich, wenngleich hierzu keine konkreten Hinweise vorliegen. Besonders stark reduziert worden ist der Bestand wahrscheinlich zudem durch den El Niño von 1997, der eventuell durch Futtermangel den Pinguinen das Leben schwergemacht hat. Allerdings nimmt die Kolonie noch immer ab. Um die Ursache des fortschreitenden Rückgangs zu verstehen, fordern die Wissenschaftler eine Expedition zu der Insel zu unternehmen. Zuletzt ist sie 1982 von Menschen zu Fuß untersucht worden.

In mindestens fünf deutschsprachigen Medien ist unabhängig voneinander über die Studie berichtet worden. Auch über Agenturmeldungen sind die Studienergebnisse weit verbreitet worden. Unbeteiligte Experten sind in keinem Artikel zitiert worden. Oftmals, etwa im dpa-Artikel, ist der starke El Niño von 1997 mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht worden. Auffälliger Weise ist in keinem Artikel berichtet worden, dass der beobachtete Rückgang andere Königspinguin-Kolonien nicht betrifft.

Steckbrief

Journal: Antarctic Science

Pressemitteilungen: Nein

Aufgegriffen von:

  • AFP (31.07.2018): tagesschau.de (31.07.2018)
  • dpa (31.07.2018): BR.de(31.07.2018, DW.com (31.07.2018), Frankfurter Neue Presse (01.08.2018), Kölnische Rundschau (03.08.2018), ntv.de (31.07.2018), Nürnberger Nachrichten (31.07.2018), tagesschau.de (31.07.2018), t-online.de (31.07.2018)
  • scinexx.de (31.07.2018)
  • Spiegel Online (31.07.2018)
  • Süddeutsche Zeitung (01.08.2018)

 

Kopfbälle richten bei Frauen größeren Schaden an als bei Männern (Radiology)

Bei Frauen sind die aufgrund von Kopfbällen beobachteten Abnormalitäten in der weißen Substanz des Gehirns im Volumen fünf Mal größer als bei Männern. Bei gleich vielen getätigten Kopfbällen tragen sie also deutlich mehr mikrostrukturelle Schädigungen des Gehirns davon. Dies schreiben Wissenschaftler des amerikanischen Albert Einstein College of Medicine in einem am 31.07.2018 in der Fachzeitschrift Radiology veröffentlichten Artikel. Sie hatten für ihre Studie 49 Männer und 49 Frauen mit dem bildgebenden Diffusions-Tensor-Imaging-Verfahren (DTI) untersucht. Die Ergebnisse sind bedeutsam, weil die gefundenen Veränderungen Vorboten späterer Krankheiten sein können. Insofern könne die Studie dazu beitragen, Risikofaktoren für bestimmte Erkrankungen des Gehirns zu mindern. Die Gründe, weshalb weibliche Gehirne stärker unter Kopfbällen leiden, haben die Wissenschaftler in der jetzigen Studie noch nicht identifiziert. Die Wissenschaftler fordern nun, über Begrenzungen des Kopfballspiels nachzudenken.

In mindestens fünf deutschsprachigen Medien ist unabhängig voneinander über die Studie berichtet worden. Die Berichterstattung ist zumeist wenig detailliert ausgefallen. Dabei ist kein einziger unbeteiligter Experte zitiert worden. Teilweise sind Vermutungen berichtet worden, weshalb ein Unterschied zwischen Männern und Frauen bestehen könnte. In der Süddeutschen Zeitung und bei aerzteblatt.de etwa ist darauf hingewiesen worden, dass genetische und hormonelle Faktoren sowie eine unterschiedlich ausgeprägte Nackenmuskulatur eine Rolle spielen könnten.

Steckbrief

Journal: Radiology

Pressemitteilungen: Ja (von dem Fachjournal)

Aufgegriffen von:

  • Aerzteblatt.de (01.08.2018)
  • AFP (01.08.2018)
  • APA: Standard (01.08.2018), Oberbayerisches Volksblatt (02.08.2018)
  • Deutschlandfunk (01.08.2018)
  • Süddeutsche Zeitung (01.08.2018)
  • Kölner Stadt-Anzeiger (02.08.2018)

Protokoll: Hendrik Boldt

 

Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.