Update (7.5.2020)

Adam Thomas, Direktor des European Journalism Centers (EJC), hat hier bilanziert, was man aus den Covid-Erfahrungen für die Zukunft des Journalismus ableiten kann. Quelle seiner Analyse sind auch fast 2000 Einreichungen von Medienleuten, die sich um Unterstützung beim Covid-Fund des EJC  beworben hatten.

 

Er sagt:

  • dass Covid ein „Trust-Test“ war in Gesellschaften, die immer stärker das Vertrauen in Medien verloren haben  Medien seien deshalb gut beraten, Standards für Medienangebote zu entwickeln, die Vertrauen rechtfertigen (so wie hier)
  • dass Medien neue Produkte entwickeln müssen, die an digitale Surroundings angepasst sind
  • Medien müssen verstehen, das Gesundheits- und Wissenschaftsjournalismus eine zentrale Rolle speilen muss
  • Medien müssen sich stärker als „solution seaker“ verstehen
  • Dass gerade in Krisenzeiten die autoritätskritische Grundhaltung von Medien (vierte Gewalt) unverzichtbar ist

 

Außerdem: Dieser lesenswerte Text geht der Frage nach, welchen Umgang eine Gesellschaft mit Wissenschaft pflegen sollte. Er bilanziert:

Ganz konkret bedeutet das Folgendes: In öffentlichen Debatten käme es nicht einfach nur darauf an, was die Wissenschaft sagt, sondern viel stärker auch darauf, wie und vor allem warum sie es tut. Dabei ginge es nicht um relativistische Denunziation, sondern um Transparenz. Was es dafür braucht:

  • Wissenschaftler, die willens und fähig sind, ihre Forschung zu erklären, so wie es Charité-Virologe Christian Drosten in seinem Podcast fast ideal­typisch vorführt;
  • einen hochwertigen Wissenschafts­journalismus;
  • ein ausreichend grosses und interessiertes Publikum;
  • und schliesslich eine Art von latourscher Wissenschafts­kritikerin, die sich, wie Latour selbst, ihrer eigenen ambivalenten Position bewusst ist.

Für eine demokratische Öffentlichkeit ist das, zugegeben, eine ziemliche Herausforderung. Aber eine lohnenswerte.


Start: 21.04.2020:

taz-Medienredakteurin Anne Fromm erklärt hier, warum sie die Einführung von Kurzarbeit bei ZEIT und SZ für falsch hält. Sie plädiert stattdessen dafür, dass sich die Verlage einsetzen sollten für eine tragfähige Finanzierungsstruktur. Dafür müsste man allerdings den Döpfner mundtot machen …

Die Einbrüche am Werbemarkt beuteln auch das Privatfernsehen. Corona könnte insgesamt zum Gamechanger für die Medienindustrie werden.

Derweil wehr sich hier ein FAZ-Herausgeber gegen die diversen Medienschelten von Kommunikationswissenschaftlern aus jüngerer Zeit und…

Mai Thi erklärt, dass es ihre User*innen dürstet nach komplexen Zusammenhängen. „Je länger wir für die Recherche gebraucht haben, desto besser kommt es an. Je mehr Details wir präsentieren, je tiefer wir gehen, desto besser. Die Leute sind regelrecht besessen von Fakten. Viele fragen sofort nach Quellen, die wir deshalb auch detailliert unter unseren Videobeschreibungen auflisten.“

Update: 21.4. 2020:

Eine ziemlich ernüchternde Analyse von Adrian Lobe zu den momentanen Entwicklungen und langfristigen Perspektiven in der Medienindustrie der Schweiz/Europa und USA. Fazit:

Die Corona-Krise beschleunigt den Medienwandel. Schon jetzt ist klar: Werbefinanzierter Journalismus hat keine Zukunft. Aber woher kommt das Geld dann? Wer nicht auf eine zahlende Nutzerbasis zählen kann, muss auf den Goodwill von Google, Almosen von Facebook, einen reichen Gönner oder staatliche Hilfe hoffen. Keine schönen Aussichten.

Eine Deloitte-Studie attestiert eine Corona-bedingte Begeisterung der Bevölkerung für seriöse Nachrichtenangebote, davon profitiert vor allem das lineare TV. Und ganz am Ende konstatieren die Unternehmensberater noch so ganz nebenbei:

Für die Medienindustrie ist der starke Inhalte-Konsum zunächst einmal eine gute Nachricht. Neben kurzfristig höheren Paid-Content-Erlösen besteht die berechtigte Hoffnung, dass der eine oder andere Nutzer überzeugenden und glaubwürdigen Medienangeboten auch nach der Krise die Treue hält. Dennoch werden Medienhäuser die negativen Folgen von COVID-19 zu spüren bekommen. Die zu erwartende Rezession mit starken Einbrüchen der Werbeerlöse wird die Anbieterseite auf nicht absehbare Zeit belasten. Die weitere Steigerung von Effizienzen wird für Unternehmen unumgänglich.

 

Diese Sammlung wird immer weiter ergänzt. Wer von euch hat einen wichtigen Text, der fehlt? Gern eine Mail an edaktion@meta-magazin.org