Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Bluttest sagt Sterberisiko besser vorher als bisher verfügbare Marker (Nature Communications)

Anhand von 14 Biomarkern wie Aminosäuren, Lipid- oder Entzündungswerten hat ein Bluttest das Sterberisiko der nächsten fünf beziehungsweise zehn Jahre besser vorhersagen können als alle anderen verfügbaren Marker. In dem verwendeten Datensatz befanden sich 4.168 Individuen im Alter von 18 bis 109 Jahren, von denen 5.512 gestorben waren. Die Assoziationen sind über Altersgruppen und Geschlecht hinweg ähnlich ausgefallen. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler*innen des niederländischen Leiden University Medical Center und des Kölner Max-Planck-Instituts für Biologie des Alterns am 20.08.2019 im Fachblatt Nature Communications veröffentlicht. Zwar müsse ihr Test noch weiter validiert und die biologische Rolle der einzelnen Marker verstanden werden. Dennoch seien schon jetzt zukünftige Anwendungen denkbar: Bei Therapieentscheidungen könnte geklärt werden, wie hoch das Risiko der Patient*innen sei, bei einer Operation zu sterben. Und in klinischen Studien könnte der Test als Surrogat-Marker für Mortalität genutzt werden.

Mindestens dreizehn Mal ist in deutschsprachigen Medien unabhängig voneinander über die Publikation berichtet worden. Das Science Media Center Germany (SMC) hat zwei Expert*innen interviewt, die nicht an der Studie beteiligt gewesen sind. Beide sind vom Ärzteblatt, Zeitungen der Funke Mediengruppe, Spiegel Online, Stern, Tagesspiegel, Welt und Wissenschaft.de zitiert worden. Die Expertin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, die zusätzlich noch vom SWR2 interviewt worden ist, kritisierte die Studie eindringlich. Die Nutzung des Bluttests sei auch in Zukunft äußerst kritisch zu bewerten. Es dürfe nicht danach ausgesiebt werden, wer statistisch ein höheres Sterberisiko habe und wer nicht. Viele weitere ethische Fragen müssten geklärt werden. Zu individuellen Therapieentscheidungen, die von vielen konkreten Faktoren abhingen, trage das abstrakte Testergebnis, welches krankheitsunabhängige Sterberisiken angebe, wenig bei. Deutlich optimistischer äußerte sich der zweite vom SMC interviewte Experte, der an der Medizinischen Universität Innsbruck tätig ist. Die Publikation sei ein bemerkenswerter Schritt hin zur personalisierten Medizin. Darüber hinaus würden schon jetzt ständig Entscheidungen auf Basis von relativ wenigen Daten getroffen. Zukünftig seien diese präziser. Zudem sei es wichtig, die Präferenzen der Patient*innen bei Entscheidungen zu berücksichtigen. Bis die Tests klinisch nutzbar gemacht werden könnten, sei noch viel Forschung nötig.

Steckbrief

Journal: Nature Communications

Pressemitteilungen: Ja (vom Forschungsinstitut)

Aufgegriffen von:

  • Deutschlandfunk Nova (20.08.2019)
  • Tagesspiegel Online (20.08.2019)
  • WDR Quarks (20.08.2019)
  • Wissenschaft.de (20.08.2019)
  • aerzteblatt.de (21.08.2019)
  • Deutschlandfunk Forschung Aktuell (21.08.2019)
  • Funke Mediengruppe: Berliner Morgenpost (21.08.2019), Hamburger Abendblatt (21.08.2019), Westdeutsche Allgemeine Zeitung (21.08.2019)
  • RTL.de (21.08.2019)
  • SWR2 (21.08.2019)
  • dpa: Spiegel Online (22.08.2019)
  • Focus Online (22.08.2019)
  • Stern Online (22.08.2019)
  • Welt Online (22.08.2019)

*Protokoll: Hendrik Boldt

 

*Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.