Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Längere Einnahme von Antibiotika erhöht Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (European Heart Journal)

Nehmen Frauen im Alter von über 59 Jahren für zusammengerechnet zwei Monate oder länger Antibiotika ein, so erhöht dies ihr Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen, um 32 Prozent. Für Frauen, die ab dem Alter von 40 Jahren insgesamt 15 Tage oder länger Antibiotika genommen haben, verdoppelt sich zudem das Herzinfarkt-Risiko. Wissenschaftler*innen der US-amerikanischen Tulane University in New Orleans haben dieses Forschungsergebnis am 24.04.2019 im Fachblatt European Heart Journal veröffentlicht. Sie hatten Langzeitdaten von fast 40.000 US-amerikanischen Krankenschwestern für ihre Studie ausgewertet. Weshalb es zu diesem Effekt von Antibiotika kommt, haben sie nicht untersucht.

Mindestens fünf Mal ist von deutschsprachigen Medien über die Studie berichtet worden. Dabei ist nur einmal – vom Deutschlandfunk – ein an der Studie unbeteiligter Experte zu den Ergebnissen befragt worden. Der Experte der Universitätsmedizin Göttingen hielt die Studienergebnisse auch auf Männer übertragbar und meinte, die Studie zeige, wie wichtig es sei, den Einsatz von Antibiotika gut abzuwägen. Der Focus, die Pharmazeutische Zeit und der Stern haben allesamt berichtet, dass die Studie einen Anstieg der Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 28 Prozent bei Frauen gefunden hat, die mindestens zwei Monate im mittleren Alter Antibiotika eingenommen haben. Allerdings ist in keinem dieser Artikel erwähnt worden, dass dieser Risikoanstieg in der Studie als statistisch insignifikant bewertet worden ist.

Steckbrief

Journal: European Heart Journal

Pressemitteilungen: Ja (von der Fachzeitschrift)

Aufgegriffen von:

  • aerzteblatt.de (26.04.2019)
  • Stern online (29.04.2019)
  • Pharmazeutische Zeitung online (02.05.2019)
  • Focus online (06.05.2019)
  • Deutschlandfunk Sprechstunde (07.05.2019)

 

*Protokoll: Hendrik Boldt

 

Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.