20 Jahre Informationsdienst Wissenschaft: Was als Dienstleistung für Journalisten begann, hat sich zu einem Nachrichtenportal für ein Fachpublikum entwickelt. Ein Interview mit dem Chef: Josef König. VON MARKUS LEHMKUHL

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Der Informationsdienst Wissenschaft (idw) ist ja schon gestartet, da war das Internet noch eine Sache für Freaks. Was waren denn die markantesten Veränderungen in den zurückliegenden 20 Jahren?

Ursprünglich ist der idw mit einer Dienstleistung gestartet, die inspiriert war von ProfNet in den USA, der idw verstand sich zu Beginn vorrangig als Expertenmakler. Wir wollten, dass Journalisten auf der Suche nach geeigneten Experten nicht mehr alle Hochschulpressestellen abtelefonieren mussten. Wir wollten stattdessen die Hochschulpressestellen miteinander vernetzen, damit sich dieser Aufwand für die Journalisten verringert. Unmittelbar danach haben wir den idw auch zur Verbreitung von Pressemitteilungen seiner Mitglieder genutzt, das waren anfangs Universitäten. Mittlerweile, das ist die erste Veränderung, sind Hochschulen in der Minderheit. Heute gehört das gesamte Wissenschaftssystem zum idw, also neben den Universitäten, Fachhochschulen, Max Planck Instituten, Fraunhofer Instituten, alle möglichen außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wissenschaftliche Fachgesellschaften, Stiftungen, Ministerien, selbst ausgewählte Unternehmen, die Forschung betreiben, sind Mitglieder des idw.

 

Josef König hat den idw gemeinsam mit anderen vor 20 Jahren gegründet. Heute ist er der Chef des Dienstleisters. Foto: Marion Nelle

Josef König hat den idw gemeinsam mit anderen vor 20 Jahren gegründet. Heute ist er der Chef des Dienstleisters. Foto: Marion Nelle

Und welche Veränderungen gibt es bei der Nutzung?

Wenn wir nur über die reden, die Dienste des idw abonniert haben, dann hat sich der idw von einem Pressedienstleister hin zu einem Nachrichtenportal gewandelt. Zu den über 7300 Journalisten, die den idw nutzen, gesellen sich über 26.000 Wissenschaftler, Mitarbeiter der wissenschaftsnahen Administration und viele andere, kurz gesagt, ein Fachpublikum für Wissenschaftsnachrichten aus dem deutschsprachigen Raum.

 

Gibt es denn angesichts dieser Veränderungen Pläne, den idw so zu gestalten wie etwa www.futurity.org, das ja ganz ausdrücklich kein Informationsdienst für Journalisten ist, sondern ein Nachrichtenportal, das sein Publikum ohne den Umweg über den Journalismus erreichen will?

Nein, futurity.org ist ein Zusammenschluss von Spitzenuniversitäten aus den USA und Großbritannien, das ist der idw nicht. Der idw versteht sich als ein Netzwerk, das allen Wissenschaftsorganisationen – insbesondere im deutschsprachigen Raum – offen steht. Der Ansatz des idw ist demokratisch: Was „Spitze“ ist, soll jeder User selbst entscheiden können. Für den einen ist das ein Exzellenzcluster, für den anderen die eine Kunsthochschule.

 

Ja okay, aber der idw könnte sich schon überlegen, ob er seine Nachrichten optisch ansprechender aufbereitet, um für seine nicht-journalistischen Nutzer ansprechender zu werden.

Kennen Sie unser Abo in HTML-Format? Das ist schon ganz chic. Es gibt aber genug Nutzer, die sich im Nur-Text-Format beliefern lassen. Sie sollten sich das andere mal anschauen. Mehr ist aber mit den personellen Ressourcen, die der idw hat, nicht möglich. Wir haben im idw etwas weniger als sechs Vollzeit-Stellen, die auf mehrere Leute mit unterschiedlichen Stellenprozenten verteilt sind, und zwar an mehreren Standorten. Das schließt redaktionelle Überarbeitung der Inhalte aus.

 

Wenn redaktionelle Arbeit nicht drin ist, wird also auch zukünftig kein Versuch seitens des idw unternommen, das Relevante vom Irrelevanten zu trennen!

Journalisten müssen auf Grund ihrer Kriterien das Relevante vom Irrelevanten unterscheiden, das ist eine journalistische Aufgabe, das ist nicht die Aufgabe des idw. Die Redakteurin eines Fachmagazins wird anders auswählen als der Redakteur einer Regionalzeitung. Jeder Abonnent kann sein Abo nach seinen persönlichen thematischen und geografischen Interessen filtern. Was wir allerdings schon machen: Wir schauen uns genau an, welche Einrichtungen wir in den idw aufnehmen und schulen jeden Pressesprecher, bevor er Inhalte einstellen kann. Wir überprüfen stichprobenartig die Qualität der Pressemitteilungen, die unsere Mitglieder verbreiten. Wir prüfen etwa, ob da Produktwerbung gemacht wird. Bei Verstößen gibt es die Gelbe Karte und bei wiederholten oder besonders schwerwiegenden Verstößen durchaus auch die Rote Karte.

 

Eine neue Institution, nämlich das Science Media Center (SMC), tritt ja nun auf den Plan, um redaktionell aufbereitete Informationen aus der Wissenschaft speziell für Journalisten zur Verfügung zu stellen. Wie stehen Sie denn dazu?

Grundsätzlich sind wir kooperationsbereit; das wissen auch die Initiatoren des SMC, mit denen wir in ständigem Kontakt stehen. Wir beobachten natürlich, was sich da tut. Man wird aber erstmal abwarten müssen, ob das Science Media Center, das ja in Deutschland anders als etwa in Großbritannien von Journalisten gemacht wird, ein Geschäftsmodell entwickeln kann, das auch nach Auslaufen der Förderung durch die Tschira-Stiftung Bestand haben wird. Der idw hat ein solches Geschäftsmodell, das seine Finanzierung seit vielen Jahren sichert. Wir werden also auf beiden Seiten ausloten müssen, welche Berührungspunkte es gibt und welche Kooperation wir vereinbaren können.

 

20 Jahre sind ja eine lange Zeit, insbesondere für online basierte Angebote. Was wünschen Sie sich denn zu Ihrem Geburtstag?

Wir wünschen uns einen schönen Empfang, eine fruchtbare Arbeitstagung und eine ausgelassene Party am Ende. Und wenn die Gäste zufrieden sind, können wir es auch sein, weil uns das die Zuversicht gibt, dass der idw von seinen Mitgliedern getragen wird und unsere Arbeit als ein wichtiger Beitrag in der Wissenschaftskommunikation gesehen wird.


Markus LehmkuhlDie Fragen stellte Markus Lehmkuhl. Markus Lehmkuhl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Wissenschaftskommunikation der Freien Universität Berlin. Er leitet die Redaktion von meta seit 2007.